Armut im Alter
Am Rande der Veranstaltung tauschten die Teilnehmer untereinander ihre Erfahrungen in der alltäglichen Arbeit aus.Andreas Jahn
Zur Eröffnung der Veranstaltung begrüßte der Diözesan-Caritasdirektor Matthias Schmidt die Teilnehmer aus den Bistümern Legnica und Görlitz mit den Worten: "Wir haben uns in den letzten Jahren mit den caritativen Angeboten aus beiden Bistümern auseinandergesetzt. Wir haben viel von der Arbeit der Caritas aus den Gemeinden heraus gehört. Wir haben erfahren, wie strukturiert junge Menschen über die Schulen an ihre soziale Verantwortung, durch konkrete Hilfeleistungen für Menschen herangeführt werden. Bei unseren Begegnungen haben wir auch gemerkt, wie wenig wir davon wissen, in welchem Kontext sich jeweils unsere Arbeit bewegt. Wir sind Teil der europäischen Völkergemeinschaft. Wie gestaltet sich das soziale Zusammenleben? Welche Hilfesysteme stehen für die Menschen am Rand der Gesellschaft zur Verfügung?"
Soziale Sicherungssysteme
Um mehr Kenntnisse und Wissen über die Situation in Polen und Deutschland zu bekommen, wurde der Themenschwerpunkt ausgewählt: "Altersarmut und die sozialen Sicherungssysteme in Polen und in Deutschland". Zwei Impulsreferate standen im Mittelpunkt der Tagung. Beata Wischewska von der Caritas Legnica schilderte die Situation in Polen. Sie gab einen Überblick über die sozialen Sicherungssysteme. Auch in Polen gibt es Strukturen der Sozialhilfe und Grundsicherung. Die Höhe der Beiträge und Zuwendungen ist mit dem deutschen Sozial- und Wirtschaftssystem nicht vergleichbar. Wiederum leben und arbeiten Polen und Deutsche in einem gemeinsamen "Haus Europa". Ob Löhne und Gehälter, Renten und andere Sozialleistungen, hier bestehen erhebliche Unterschiede.
Zusätzliche Absicherungen notwendig
Andreas Keil vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie des Landes Brandenburg ging in seinem Beitrag auf drei Schwerpunkte besonders ein - die Alterssicherung in Deutschland, die demografische Entwicklung und die Armut im Alter. In seiner Zusammenfassung formulierte Andreas Keil unter anderem folgende Aussagen: "Die gesetzliche Rente bleibt auch in absehbarer Zukunft die wichtigste Säule der Alterseinkommen in Deutschland. Der Anteil älterer Menschen in der Bevölkerung in Deutschland wird zum Jahr 2030 deutlich zunehmen. Zusätzliche Absicherungen sind notwendig (Erhöhung des Renteneintrittsalters). Noch gilt: Trotz sinkender Rentenzahlbeiträge - auch in Brandenburg - zeichnet sich zumindest statistisch kein Trend zu einem höheren Altersarmutsrisiko ab. Aber gerade bei älteren Menschen ist von einem hohen Anteil verdeckter Armut auszugehen. Für Ostdeutschland ein spezifisches Problem: Es ist weniger Vermögen in der Bevölkerung vorhanden, diskontinuierliche Erwerbsbiografien beschränken zudem die Sparfähigkeit. Zudem erlauben die heutigen Erkenntnisse kein generelles Urteil zum Ausmaß zukünftiger Altersarmut (andere Einkünfte, Nettobetrachtung)."
Erkenntnisse, die verbinden
Im Anschluss an die beiden Impulsreferate aus Polen und aus Deutschland gab es eine breit geführte Diskussion. Schnell wurde deutlich, dass es hier viele Erkenntnisse gibt, welche die Menschen auf beiden Seiten der Grenze verbindet.
Zum Beispiel die demografische Entwicklung: Hier sind Generationen im Wandel. Die Anzahl der Beitragszahler, die für einen Rentner aufkommen, verändert sich stark (vergl. Darstellung: Demografische Entwicklung). Auch die Zahlen zur Armut im Alter bei den Empfängern der Grundsicherung im Alter sind vergleichbar (fast deckungsgleich) mit den statistischen Erhebungen in Deutschland und Polen. In beiden Ländern geht man auch von einer verdeckten Armut aus, die in der Statistik nicht abgebildet ist (vergl. Darstellung: Armut im Alter).
Gemeinsam nach Lösungen suchen
Was in all dem statistischen Zahlenmaterial nicht abgebildet ist, aber am Ende der Gespräche zum Ausdruck gebracht wurde: Es gibt nicht nur die materielle Absicherung im Alter. Die soziale Teilhabe im Alter spielt eine große Rolle. Durch den Berufsausstieg kann eine Quelle sozial vermittelter Selbstachtung und Sinnstiftung verloren gehen. Die Folge sind Einsamkeit und der damit einhergehende Mangel an gesellschaftlicher Teilhabe. Aber gerade das Alter ist mit spezifischen Risiken zur Vereinsamung verbunden. Ältere Menschen mit schlechtem Gesundheitszustand erleben in höherem Maße Einsamkeit, als gesunde Menschen. Die Erfahrungen von älteren Menschen werden nicht durch die Grenze zwischen beiden Ländern geteilt. Es ist gut, diese Erfahrungen gemeinsam wahrzunehmen und nach Lösungen zu suchen. Vielleicht gibt es dazu in Zukunft ein grenzüberschreitendes Projekt oder ein weiterführender Fachaustausch über die Neiße.
INFO:
Caritasverband der Diözese Görlitz e.V.
Telefon: 03 55 3 80 65 20
E-Mail: standera@caritas-dicvgoerlitz.de