Zeit für sich

Brauchen Zeit für sich: Betroffene und pflegende Angehörige.Harald Oppitz/KNA

"Pflegen Sie Ihre demenzkranken Angehörigen? Haben Sie nie Zeit für sich?"

Eine Frage, die immer mehr Familienangehörige mit einem "Ja" beantworten können. Doch der Weg vom Eingestehen der Überforderung zu einem passenden Hilfsangebot ist oft sehr lang, führt mitunter in Sackgassen und bedarf nicht selten mehrerer Anläufe.

Warum fällt es Angehörigen so schwer, Hilfe von "außen" anzunehmen? Durch die Pflegesituation entsteht eine sehr enge Bindung zum Erkrankten, die durch positive und negative Gefühle innerhalb der Familie getragen wird. Der pflegende Angehörige kennt seinen Verwandten am besten, ist der "Fachmann" - in der Mehrheit der Fälle die "Fachfrau" - und fühlt sich für das Wohlergehen der Erkrankten verantwortlich. 

Abschied nehmen

Oftmals besteht ein Versprechen aus gesunden Tagen, sich im Alter um die Eltern zu kümmern. Für Eheleute ist es selbstverständlich, "in guten wie in schlechten Zeiten" zusammen zu stehen. Was das bei einer Demenzerkrankung bedeutet, kann niemand vorhersehen und so kommt die Überforderung meist schleichend und mit ihr kommen auch die Schuldgefühle, die das Loslösen und die Fähigkeit, Hilfe anzunehmen, erschweren. Die Pflegesituation droht dann zu eskalieren und eine plötzliche Heimaufnahme scheint als einzige Möglichkeit übrig zu bleiben. Es blieb keine Zeit, sich auf diese Situation vorzubereiten und für alle Betroffenen ist es ein Schock.

Wenn ein lieber Mensch an Demenz erkrankt, bedeutet das Abschied nehmen. Abschied von dem vertrauten Leben, Abschied von Zukunftsplänen, Abschied von der Person des Erkrankten, so wie man ihn kannte und liebte, auch räumlicher und zeitlicher Abschied.

Dies ist ein Prozess mit Höhen und Tiefen, mit immer neuen unerwarteten schwierigen Situationen. Dabei kann es sehr hilfreich sein, sich und dem Angehörigen Raum und Zeit zu geben, um sich möglichst allmählich an all das Andere, Neue und Schmerzhafte zu gewöhnen. Körper und Seele "nachkommen zu lassen".

Angehörige entlasten

An dieser Stelle setzt die Caritas-Regionalstelle Cottbus mit ihrem Angebot "Helferkreis Demenz" an. Hinter diesem unspektakulären Namen verbirgt sich die Möglichkeit, Angehörige zu entlasten, indem eine geschulte Helferin oder ein Helfer den Erkrankten stundenweise in der vertrauten häuslichen Umgebung betreut oder zum Beispiel bei einem Spaziergang begleitet. Dabei geht es nicht um hauswirtschaftliche oder pflegerische Leistungen, sondern darum, Zeit mit dem Erkrankten zu teilen und dabei an noch vorhandene Fähigkeiten anzuknüpfen. Für die Pflegenden können so kleine Zeitinseln geschaffen werden, um sich um eigene Belange kümmern zu können.

Eine Leistung, die im Pflegegesetz (§ 45 b, SGB XI) als niedrigschwelliges Angebot verankert ist, eine grundlegende Fachlichkeit im Umgang mit an Demenz erkrankten Menschen garantiert und durch die Pflegekassen auch finanziert werden kann.

Dieses Angebot gibt es bei der Caritas in Cottbus seit 2003. Es wird durch eine Sozialpädagogin geleitet und koordiniert. Sie ist sowohl Ansprechpartnerin für die Angehörigen, bietet Beratungen rund um das Thema Demenz an, leitet die monatlichen Treffen der Helferinnen und organisiert die regelmäßige Weiterbildung.

Akku aufladen

Als ergänzendes Angebot gibt es eine Angehörigengruppe, die sich monatlich trifft und von der Sozialpädagogin begleitet wird. Sie bietet den Angehörigen eine Möglichkeit, sich über die Sorgen des Pflegealltages auszutauschen, Erfahrungen weiterzugeben, gemeinsam nach Alternativen zu suchen und vor allem auch einmal wieder die eigenen Bedürfnisse und Wünsche wahrzunehmen. Von Menschen, die in einer ähnlichen Situation leben, fühlt man sich am ehesten verstanden und ein Gespräch in entspannter Atmosphäre oder ein gemeinsamer kleiner Ausflug laden den Akku dann wieder etwas auf. Dabei begleitet der Satz "Pflege deinen Nächsten wie dich selbst." die Gruppe wie ein guter Geist durch jedes Treffen und wirkt manchmal auch noch eine kleine Zeitspanne darüber hinaus. 

INFO:
Caritas-Regionalstelle Cottbus
Straße der Jugend 23, 03046 Cottbus
Telefon: 03 55 2 31 05
E-Mail: Lang.G@caritas-cottbus.de