Interview mit der Leitung des Caritas-Seniorenzentrums St. Hedwig: "Keine Sorge, der Humor hat uns nicht verlassen"
Königsbrunn, 05.05.2020 (pca). Wer ein Seniorenheim leitet hat ständig viel um die Ohren - Neuaufnahmen und Beratungsgespräche, Personalführung, Materialbeschaffung, die wirtschaftlichen Daten der Einrichtung. In der Corona-Krise waren und sind es noch viel mehr Sorgen und Verpflichtungen, die dazu kamen. Die Aktualisierung der Schutzkonzepte, Überprüfung und wiederholte Anpassung der Krisenpläne an neue behördliche Auflagen, eine noch einmal mehr verschärfte Sorge um die anvertrauten Bewohnerinnen und Bewohner. Hinzu kamen vermehrte Termine zur Abstimmung mit Vorgesetzten und Behörden und zur internen Abstimmung mit dem Pflegeteam. Wie geht es in dieser Situation einer Einrichtungsleitung? Wir fragten Susanne Jonas, die das Caritas-Seniorenzentrum St. Hedwig der CAB Caritas Augsburg Betriebsträger gGmbH in Königsbrunn leitet.
Seit Wochen besteht wegen der Corona-Pandemie ein Zutrittsverbot für Seniorenheime. Was fehlt Ihnen deshalb?
Susanne Jonas: Die Besucher und Gäste bringen einfach Leben mit ins Haus. Nicht nur unser Pflege- und Hauswirtschaftsteam kümmern sich um das Wohlergehen unserer Bewohnerinnen und Bewohner, auch deren Angehörige. Mit ihnen können wir uns manchmal spontan bei einer Begegnung auf dem Gang austauschen, wie deren Beobachtungen sind. Der Austausch läuft jetzt um vieles formalisierter ab. Und den Bewohnerinnen und Bewohnern fehlen die regelmäßigen Begegnungen. Die eigene natürliche Familie fehlt ihnen.
Wie haben Sie dann die vergangenen Wochen erlebt?
Susanne Jonas: Für mich ist es einfach schön zu erleben, dass diese besondere Belastungssituation durch COVID-19 manche Kreativität geweckt hat und immer noch weckt. Ich musste als Einrichtungsleiterin ohnehin wegen der vielen Auflagen mehr einfordern, und dennoch haben so manche ihrerseits zusätzliches Engagement eingebracht. Ja, diese Zeit ist stressig und sehr belastend. Aber gleichzeitig erlebte ich und erlebe ich so viel Positives.
Können Sie Beispiele nennen?
Susanne Jonas: Unsere Betreuungskräfte z.B. haben unsere Bewohnerinnen und Bewohner vor Ostern fotografiert. Dann haben sie gemeinsam Osterkarten gebastelt, diese Fotos aufgeklebt und dann Grüße an die Angehörigen verschickt. Das kam bei den Angehörigen ganz toll an. Viele von ihnen haben ja ihre Omas, Opas, Eltern, Tanten und Onkels ja schon lange nicht mehr gesehen. Vor zwei Wochen saß ich bei geöffnetem Fenster abends im Büro. Da
Familie Kaiser vom Posaunenchor Königsbrunn überraschten die Bewohnerinnen und Bewohner des Caritas-Seniorenzentrums St. Hedwig der CAB Caritas Augsburg Betriebsträger gGmbH in Königsbrunn mit ihrer Musik. Caritas-Seniorenzentrum St. Hedwig Königsbrunn
hörte ich Kirchenlieder. Dann merkte ich, dass die Klänge aus dem Garten unseres Hauses kamen. Die Familie Kaiser vom Posaunenchor Königsbrunn spielte dort mit Querflöte, Posaune und Euphonium Kirchen - und Frühlingslieder. Sie kommen zu uns und treten bei unserer winterlichen Aktion "Glühwein im Park" auf. Sie erzählten mir, dass sie dann spontan auf die Idee kamen, auch jetzt in dieser Zeit uns allen hier in St. Hedwig mit ihrer Musik eine Freude machen zu wollen. Und sie kommen wieder. Wenn sie dann die Bewohnerinnen und Bewohner sehen, wie sie von den Balkonen aus zuhören und mitsingen, da geht mir schon das Herz auf. Auch die Musiker
Auch die Musiker Uli Galas und Eugen Banhierl spielen mit Gitarre und Akkordeon Schlager und Volksmusik.Caritas-Seniorenzentrum St. Hedwig Königsbrunn
Uli Galas und Eugen Banhierl spielen mit Gitarre und Akkordeon Schlager und Volksmusik. Da kommt richtig Freude auf.
Wie geht es den Bewohnerinnen und Bewohnern?
Susanne Jonas: Manchmal denke ich mir, dass so manch junger Mensch so einiges von diesen älteren Menschen lernen könnte. Diese haben in ihrem Leben schon so viel mitgemacht. Sie lassen sich nicht mehr so leicht erschüttern, auch wenn sie nicht ohne Sorgen die Entwicklung verfolgen. Aber sie verstehen es, die Krise in ihrem Leben richtig einzuordnen. Sie lassen sich nicht so leicht beunruhigen. Und keine Sorge, der Humor hat uns nicht verlassen. Sie wollen und sagen uns das auch, dass sie so gut sie können, am Leben teilhaben wollen. Es ist genau das, was wohl jeden in unserem Team zusätzlich antreibt, für diese Menschen mit allem Wissen und allem Können da zu sein und unser Bestmögliches in der Pflege, in der Küche und Hauswirtschaft zu geben. Wenn die Bewohnerinnen und Bewohner das spüren und wahrnehmen, stärkt sie das wiederum.
Ihr Fazit?
Susanne Jonas: Wo das Miteinander gut ist, da kann man auch so manche Belastungen gut miteinander durchstehen. D.h. wir schaffen auch diese Krise.