Der Müsteraner Diözesan-Caritasdirektor Heinz-Josef Kessmann (Dritter von links) unterzeichnet den neuen Landesrahmenvertrag als Vertreter der Caritas in NRW im Beisein von NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (Sechster von links).Dietrich Hackenberg/LVR
Düsseldorf - Ein neuer Landesrahmenvertrag über die Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen in Nordrhein-Westfalen wurde am Dienstag (23. Juli 2019) von den Landschaftsverbänden Rheinland (LVR) und Westfalen-Lippe (LWL), den kommunalen Spitzenverbänden (Städtetag NRW, Landkreistag NRW, Städte- und Gemeindebund NRW), den Wohlfahrtsverbänden sowie den öffentlichen und privat-gewerblichen Leistungsanbietern im Beisein von NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann unterzeichnet. Die Vereinbarung regelt den Rahmen für die Unterstützungsleistungen für circa 250.000 Menschen mit wesentlichen Behinderungen in Nordrhein-Westfalen ab 2020.
In der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes rückt der neue Landesrahmenvertrag die Selbstbestimmung und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in den Fokus und bestimmt, nach welchen Verfahren und Standards Unterstützungsleistungen künftig erbracht und vergütet werden.
"Wichtig ist jetzt, dass sich alle Beteiligten auf die Umstellung zum 1. Januar 2020 konzentrieren, damit alle Betroffenen nahtlos die ihnen zustehenden Leistungen erhalten. Auch das Sozialministerium wird sich dafür einsetzen, dass der Übergang reibungslos klappt", sagte Sozialminister Karl-Josef Laumann bei der Unterzeichnung.
Eine neue Vereinbarung war notwendig geworden, weil zum 1. Januar 2020 die Reform der Eingliederungshilfe als dritte Stufe des Bundesteilhabegesetzes in Kraft tritt. Hintergrund des Gesetzes ist die UN-Behindertenrechtskonvention, die als Ziele mehr Selbstbestimmung und Teilhabe sowie das Recht auf individuelle Leistungen für Menschen mit Behinderungen in den Mittelpunkt stellt. Dies setzt der neue Vertrag um.
Der Unterstützungsbedarf für Menschen mit Behinderungen wird künftig individuell ermittelt und nach einem einheitlichen System unabhängig von der Wohnform erbracht und finanziert. Insbesondere für Menschen, die in bisherigen Wohneinrichtungen leben und unterstützt werden, soll dies einen Zugewinn an Selbstbestimmung und eine stärker am individuellen Bedarf und Wunsch ausgerichtete Leistung bringen. Weitere Neuerungen sind die Regelungen zu Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen beispielsweise in Werkstätten, die einem besseren Schutz der leistungsberechtigten Menschen mit Behinderungen dienen.
"Für uns war es besonders wichtig, dass die bestehenden Tarifregelungen von AWO, Caritas, den Mitgliedsorganisationen des Paritätischen, dem DRK und der Diakonie Grundlage für die Kalkulation der Leistungen sind", betonte Christian Heine-Göttelmann, Vorsitzender der LAG Freie Wohlfahrtspflege in Nordrhein-Westfalen. So könnten die Wohlfahrtsverbände eine angemessene Fachkraftquote sicherstellen und können dem Einsatz des Personals in den Diensten und Einrichtungen gerecht werden. "Das ist auch Anerkennung für das berufliche Engagement der Beschäftigten", unterstrich Heine-Göttelmann.
Verhandelt wurde das mehr als 200 Seiten starke Vertragswerk zwischen folgenden Vertragspartnern:
- den Landschaftsverbänden Rheinland und Westfalen-Lippe als Träger der Eingliederungshilfe
- Städtetag NRW und Landkreistag NRW für die Kreise und kreisfreien Städte, die örtliche Träger der Eingliederungshilfe sind
- der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege NRW für die Leistungserbringer
- der Landesarbeitsgemeinschaft der öffentlichen Träger der Einrichtungen der Behindertenhilfe Nordrhein-Westfalen
- einzelnen Verbände privat-gewerblicher Leistungserbringer
Darüber hinaus haben sich die Sozial- und Selbsthilfeverbände als Interessenvertretung für die Menschen mit Behinderungen aktiv in die Verhandlungen eingebracht.
Mehr als 4,9 Milliarden Euro werden bisher jährlich in NRW für die Heilpädagogische Frühförderung, die Schulbegleitung, die Unterstützung in Werkstätten und Wohneinrichtungen, im Ambulant betreuten Wohnen, bei Mobilitätshilfen und für sonstige Teilhabeleistungen aufgewendet. Auch mit Blick auf die zu erwartende Kostenentwicklung in der Eingliederungshilfe konnten alle Vertragsteile nach den Prinzipien der Wirtschaftlichkeit, der Sparsamkeit und der Leistungsfähigkeit im Konsens vereinbart werden.