Prof. Dr. Thomas Evers vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in NRW (MAGS) im Gespräch mit den Akteurinnen und Akteuren der Fachtagung.Foto: Caritas | Christoph Grätz
Essen/Düsseldorf - Hat sich die generalistische Pflegeausbildung bewährt? Diese Frage haben rund 170 Expertinnen und Experten bei einem Fachtag der Caritas in NRW am 22. Juni in Essen bzw. digital am 27. Juni 2023 diskutiert.
Seit 2020 erfolgt die Ausbildung in der Pflege auf Grundlage des Pflegeberufegesetzes (PflBG). Damit wurden die im Altenpflegegesetz und im Krankenpflegegesetz getrennt geregelten Pflegeausbildungen in eine gemeinsame Ausbildung zusammengeführt. Die Träger der praktischen Ausbildung, die Pflegeschulen und nicht zuletzt die Auszubildenden mussten sich in den letzten drei Jahren den daraus resultierenden Herausforderungen stellen. Im Frühjahr 2023 sind die ersten generalistisch examinierten Pflegefachkräfte in den Beruf gestartet.
Generalistik hat sich bewährt
Martin Peis, Vorstand des Caritasverbandes für das Bistum Essen, zieht Bilanz: "Nach drei Jahren der Umsetzung können wir mit gutem Gewissen sagen: Die gemeinsame Pflegeausbildung befindet sich auf einem guten Weg und hat sich im Grundsatz bewährt." Die Auszubildenden profitierten vor allem von den vorgeschriebenen Praxisanteilen, in denen die Auszubildenden in unterschiedlichen Pflegebereichen von qualifiziertem und erfahrenem Fachpersonal angeleitet werden, so Peis. Mit knapp 400 Kursen sowie knapp 10.000 anerkannten Ausbildungsplätzen stemmt die Caritas NRW nicht nur für das eigene Bundesland, sondern auch in Gesamt-Deutschland einen großen Teil der Pflegeausbildung.
Prof.in Gertrud Hundenborn gibt bei ihrem Vortrag Einbblicke zum Thema aus Sicht der Fachkommission.Foto: Caritas | Christoph Grätz
Als herausfordernd beschrieben die Experten die noch nicht optimal aufeinander abgestimmten Lehrpläne sowie einen Mangel an Praxiseinsatzplätzen in der ambulanten Pflege, in der Psychiatrie und der Pädiatrie.
Berufsbegleitendes Lernen
Für Sr. Dr. Anette Chmielorz, stellvertretende Schulleitung und Helga Notteboom, Geschäftsführerin der Katholischen Schule für Pflegeberufe in Essen, war die Ausbildungsumstellung auch eine organisatorische Herausforderung. Kommunikation sei das "Zauberwort", so Sr. Anette. Es komme darauf an, auf allen Ebenen vernetzt zu sein, vor allem mit den Ausbilderinnen und Ausbildern sowie den Pflegedienstleitungen in den Einrichtungen, ambulanten Diensten und Krankenhäusern.
In der Praxis habe sich gezeigt, "dass die frisch Examinierten mit ihren Kompetenzen und dem Wissen über alle Lebensphasen erfolgreich in den Beruf starten", so Sr. Anette Chmielorz. Trotzdem sei eine enge Begleitung erforderlich, um im jeweiligen Aufgabenfeld, sei es Kranken- oder Altenpflege, sicher Fuß zu fassen. Deshalb arbeite man aktuell gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Praxis an einer Form des Anschlusslernens: "Innerhalb des ersten Berufsjahres sind drei Module mit spezifischen Inhalten geplant. Diese sollen nicht nur fachliche Kenntnisse vermitteln, sondern auch dazu beitragen, die Mitarbeiterbindung zu stärken, damit weniger Pflegekräfte dem Beruf den Rücken kehren", so die Hoffnung der Expertin.
Den Pflegeberuf attraktiv machen
Sr. Dr. Anette Chmielorz und Helga Notteboom sprechen in ihrem Vortrag über ihre Erfahrungen aus der Ausbildungspraxis.Foto: Caritas | Christoph Grätz
Prof. Dr. Thomas Evers vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in NRW (MAGS), betonte, dass es vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels darauf ankomme, den Pflegeberuf für interessierte und geeignete Menschen attraktiv zu machen: "Wir müssen bei den allgemeinbildenden Schulen ansetzen, Vorurteile abbauen und die spannenden Aspekte des Berufs besser vermitteln." Quereinsteigern solle der Berufseinstieg erleichtert werden. Denn 2027 sei der Punkt, an dem mehr Pflegekräfte in den Ruhestand gingen als neue ausgebildet würden, so Evers. 350 Millionen Euro stelle das MAGS deshalb für die Modernisierung und Schaffung neuer Ausbildungsplätze in der Pflege zur Verfügung. Auch die neu geschaffene Ombudsstelle sei wichtig, weil sie Auszubildende und Pflegeschulen stärke, bekräftigte Evers.
Hinweis: Im Netzwerk der Caritas in NRW gibt es 70 Pflegeschulen mit über 10.000 Pflege-Ausbildungsplätzen, 338 ambulante Pflegedienste, 229 Tagespflege-Einrichtungen, 65 Kurzzeitpflege-Einrichtungen, 549 stationäre Einrichtungen, 165 Krankenhäuser bzw. Betriebsstätten, 6 stationäre Reha-Einrichtungen sowie 37 stationäre Hospize. In all diesen Einrichtungen findet Pflegeausbildung statt. Die Caritasverbände in NRW beraten und begleiten die Einrichtungen in fachlichen, organisatorischen, rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Fragen und übernehmen im Auftrag der Träger die fachliche und fachpolitische Vertretung.