Etwa 70 Räder hatten Mitarbeitende und Klienten über den Winter gesammelt und repariert, knapp 100 wurden am Tag vor dem Bazar von Verkaufswilligen in Kommission gegeben.
Die Idee zu dieser Aktion hatte Stefan Leinsle mitgebracht, als er 2009 die Leitung der Tagesstätte für alkoholkranke Menschen übernahm: "Wir setzen uns immer wieder Ziele, bei denen wir ein Ergebnis sehen." Zudem spielten Fahrräder im Alltag der Einrichtung eine wichtige Rolle: 90 Prozent der Klienten haben keinen Führerschein. Beim Fahrradbazar gehe es weniger um den Erlös - zehn Prozent des Verkaufswerts jedes in Kommission gegebenen Rades fließen in die Tagesstätte - sondern vielmehr um den Kontakt mit externen Besuchern, so Leinsle.
Diesen Kontakt schätzt auch Klient Manfred Hirster. Er freut sich über Begegnungen mit den
unterschiedlichsten Menschen: "Hier kommen alle, von den Studenten bis zu den Älteren." Zur ersten Gruppe gehört Clara Felsmann, die Medien und Kommunikation studiert und jetzt, da der Sommer anfängt, ein Rad sucht, mit dem sie zur Uni oder zum See fahren kann. Freunde haben ihr von dem Verkauf in der Tagesstätte erzählt, nähere Infos hat sie im Netz recherchiert. 70 Euro beträgt ihr Budget für ein gebrauchtes Rad; für 40 Euro ist sie fündig geworden. Dass das Rad alt ist, stört sie nicht, im
Studentin Clara Felsmann freut sich, dass sie für 40 Euro ein gebrauchtes Damenrad erstanden hat, mit dem sie nun zur Uni oder zum See radeln kann.Diana Riskie
Gegenteil: "Das wird hoffentlich nicht so schnell geklaut."
Ein paar Meter weiter berät Manfred Hirster gerade eine Mutter, die ein Rad für ihre Tochter sucht. Er hat im Vorfeld viel Werbung für den Bazar gemacht, in der Stadt Flyer ausgelegt und ein eigenes rotes "Werbefahrrad" mit Plakat am Rathausplatz aufgestellt. Nicht nur er bringt sein Herzblut in den Bazar ein: "Jeder hat seinen Part, daraus ergibt sich ein Ganzes und das tut uns als Gruppe total gut." Insgesamt 14 Plätze bietet die Tagesstätte, laut Leiter Leinsle besuchen aktuell zwischen 20 und 30 Besucher die Einrichtung, die montags bis freitags von 8:30 bis 16:30 Uhr geöffnet ist. Kostenträger ist der Bezirk Schwaben.
Die Tagesstätte ist gut vernetzt: Neue Klienten kommen über Bezirkskrankenhäuser, Suchtberatungsstellen, gesetzliche Betreuer, aber auch über Mund-zu-Mund-Propaganda ins Abbé-Pierre-Zentrum. Vorrangige Ziele sind die Abstinenz und die Integration in die Gesellschaft. Bei ersterem können Sozialwirt Leinsle und sein Team - eine Fachkrankenschwester, ein Ergotherapeut und ein Arbeitspädagoge - oft schnell Veränderungen beobachten: "Das Konsumverhalten ändert sich, es wird weniger und kontrollierter." Alkoholkonsum ist in der Einrichtung selbst untersagt. Dass inzwischen auch Frauen die Tagesstätte besuchen, sieht Leinsle positiv: "Das hat etwas Ausgleichendes." Auch mit dem Ergebnis des diesjährigen Fahrradbazars sind er und seine Besucher zufrieden: Fast Dreiviertel aller Räder wurden verkauft.