Haushalte mit geringem Einkommen müssen nach Ansicht der Caritas in NRW stärker entlastet werden, wenn sie aktiven Klimaschutz betreiben. Bei einer Kundgebung vor dem Düsseldorfer Landtag forderte der Verband am Donnerstag größere Anstrengungen für eine sozial gerechte Transformation zur Klimaneutralität.
"Die Klimakrise trifft Menschen mit wenig Geld am härtesten, gerade die, die sich schwerer schützen können", sagte der Sprecher die Caritas in NRW, der Kölner Diözesan-Caritasdirektor Dr. Frank Johannes Hensel. Dabei trügen sie pro Kopf erheblich weniger zum CO2-Ausstoß bei als Menschen mit hohem Einkommen.
Stellvertretend für diese Menschen steht die fiktive Figur "Jenny", die Botschafterin für sozial gerechten Klimaschutz der bundesweiten Jahreskampagne der Caritas ist. Menschen wie Jenny, die Vollzeit arbeiten und kaum mehr als den Mindestlohn verdienen, spüren steigende Energiekosten und Lebensmittelkosten deutlich stärker als andere. Jenny ist auch bei der Kundgebung, heute vor dem Düsseldorfer Landtag, dabei.
Klimatransformation des Sozial- und Gesundheitswesens
Martin Peis im Gespräch zum Thema Klimaschutz vor dem Landtag NRWCaritas / Nicola van Bonn
Martin Peis, Vorstand beim Caritasverband für das Bistum Essen, bekräftigt auf der Kundgebung die Forderung nach Maßnahmen für die energetische Sanierung von Einrichtungen der Alten- und Behindertenhilfe. Grüne und CDU müssten endlich ernst machen, damit die Klimaziele auch von Altenheimen und Behinderteneinrichtungen erreicht werden könnten. Dafür müssen sich die Refinanzierungsbedingungen und Planungsauflagen ändern.
"Bei vielen Gebäuden gibt es ein großes Energie-Einsparpotential und wir sehen bei den Trägern einen enormen Willen zum Klimaschutz", sagt Peis, bei der Kundgebung vor dem Landtag. Doch immer noch blockierten ein enger Finanzrahmen, Hürden in Genehmigungsverfahren und behördliche Auflagen bei Neu- und Umbauten sinnvolle Maßnahmen für den Klimaschutz.
"Vielfältige Förderprogramme von Bund und Ländern laufen bei Sozialimmobilien der Alten- und Behindertenhilfe oft ins Leere", kritisierte der Experte. Die Träger von Altenpflege- und Behinderteneinrichtungen würden von der Partizipation an Zinsvergünstigungen und Tilgungszuschüssen geradezu ausgeschlossen.
"Grüne und CDU in Nordrhein-Westfalen haben im Koalitionsvertrag vereinbart, Klimaschutz-Maßnahmen in Einrichtungen der stationären Altenhilfe und Behindertenhilfe finanzierbar zu machen", sagte Peis. Bislang würde die angestrebte Klimawende im Sozialsektor durch die gesetzlichen Refinanzierungsbedingungen quasi konterkariert.
Entscheidend für mehr Nachhaltigkeit sei der infrastrukturelle und organisatorische Aufbau der Einrichtungen, denn der CO2-Fußabdruck der in Einrichtungen betreuten Menschen werde nur zu einem sehr geringen Anteil durch deren individuelles Verhalten wie Konsumentscheidungen oder Reisen beeinflusst.
Die Forderungen der Caritas in NRW im Überblick:
- Erhöhung des CO2-Preises ab 2024
- Bei gleichzeitiger Entlastungen für Einkommensschwache Haushalte
- Mobilität: auf Landesebene: Ein 29-Euro-Ticket und ein verlässlich getakteter Nahverkehr
- Wohnen: Kosten für die energetische Sanierung von Gebäuden dürfen nicht auf die Mieterinnen und Mieter abgewälzt werden. "Förderprogramme müssen sozial gestaffelt werden und Fördermodelle müssen sicherstellen, dass sich sowohl die Kalt- also auch die Warmmiete für Mieter mit geringem Einkommen nicht erhöht" Besondere Förderung verdiene die Modernisierung des Wohnungsbestandes im sozialen Wohnungsbau.
- Konsequente und schnelle Reduzierung der Treibhausgasemissionen mit kluger Gestaltung der Rahmenbedingungen
Praxisbeispiel Photovoltaik:
Einsparungen von bis zu 30 Prozent des Stromverbrauchs sind in Heimen schon heute möglich. Dieses Einsparpotential ist nicht hoch genug zu schätzen, denn die Stromverbrauchskurve eines Altenheimbetriebes verläuft kongruent zur Sonneneinstrahlung. Im Gegensatz zu Eigenheimen mit ihrem hohen Stromverbrauch am Abend, wenn gekocht oder gewaschen und getrocknet wird, der Fernseher läuft und das Internet genutzt wird, wird der eigenproduzierte Strom im Bewohneralltag der Einrichtungen bereits den Tag über verbraucht.