"Pflegeprämie darf kein Strohfeuer bleiben"
Auch Beschäftigte in der ambulanten Pflege und in anderen sozialen Diensten sind systemrelevant und sollten angemessen belohnt werden, fordern die Wohlfahrtsverbände.Foto: Harald Westbeld/Caritas Münster
Nachdem der Vorschlag allenthalben begrüßt wurde, entstand Streit über die Finanzierung. Schließlich einigten sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) auf eine "faire Aufteilung".
Demnach sollen die Pflegekassen zwei Drittel der Kosten für die Prämie übernehmen - wogegen sie sich noch wehren -, aus Bundesmitteln ist ihnen ein Zuschuss für den Herbst in Aussicht gestellt worden. Länder und Arbeitgeber sollen den Rest bezahlen, über die genaue Aufteilung verhandeln sie noch. Vorgesehen ist, dass Vollzeit-Pflegekräfte bis zu 1.500 Euro und Teilzeit-Pfleger bis zu 1.000 Euro bekommen. Auszubildende sollen bis zu 900 Euro erhalten und sonstige Beschäftigte in Pflegeeinrichtungen bis zu 500 Euro.
Die Wohlfahrtsverbände in Nordrhein-Westfalen haben die angekündigte Pflegeprämie begrüßt, gleichzeitig aber Bedingungen formuliert. Die "Corona-Prämien" dürften keinesfalls "zulasten von Bewohnerinnen und Bewohnern aus Pflegeheimen gehen", forderte der Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege NRW (LAG), Dr. Frank Joh. Hensel. "Auch sollte diese Zusatzleistung allen zugutekommen, die sich um die Pflege und Betreuung von hilfsbedürftigen Menschen verdient machen - sowohl in den ambulanten als auch stationären Diensten der Alten-, Behinderten- und Wohnungslosenhilfe." Bonuszahlungen dürften, so Hensel weiter, "kein Strohfeuer sein - eine einmalige Belohnung, und dann ist alles wieder gut". Es gelte, die Bedingungen in der Pflege stabil zu verbessern. Die Krise führe die enorme gesellschaftliche Relevanz dieser Berufsgruppen vor aller Augen, sagte Hensel. "Boni dürfen jetzt nicht zum Feigenblatt für eine andauernde gesellschaftliche Unterbewertung von Pflege- und Betreuungsleistungen werden." Die gemeinnützigen Wohlfahrtsverbände betreiben allein in NRW 1331 stationäre Pflegeeinrichtungen, in denen über 100000 pflegebedürftige Menschen leben, dazu 885 ambulante Pflegedienste.
Vertreter der Dienstgeberseite von Caritas und Diakonie betonten, dass die gemeinnützigen Träger derzeit über keinerlei Mittel verfügten, neben den Belastungen durch die Pandemiefolgen zusätzliche Mittel aufzubringen. Dies sei den Ländern bekannt, die Länderregelungen verzichteten bisher vollständig auf weitere Beteiligungen der Anbieter sozialer Dienste in Caritas und Diakonie, die infolge der Pandemie über Kurzarbeit, Liquiditätsengpässe und fehlende Einnahmen wie in anderen Wirtschaftsbereichen klagten. "Wir arbeiten mit Menschen für Menschen, und das in Zeiten von Kontakt- und Besuchsverboten für alte und kranke Mitbürger mit und ohne Behinderungen", sagte Norbert Altmann, Sprecher der Dienstgeber in der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas auf Bundesebene.