In der Mitte der Gesellschaft
Die Delegiertenversammlung der Caritas tagte in Köln.Martin Karski
Immer wieder berichten Mitarbeiter der Caritas über Anfeindungen, weil sie sich für Flüchtlinge engagieren. Beschimpfungen von Ehrenamtlichen, Absage von Veranstaltungen aufgrund von Hetze und gar Steinwürfe auf Migrationsberatungsstellen, dies beklagte Caritas-Präsident Peter Neher nach der Delegiertenversammlung des Verbandes in Köln. "Das darf nicht gesellschaftsfähig werden", betonte er.
Neher kritisierte eine Verrohung der Sprache und einen besorgniserregenden Anstieg der Gewaltbereitschaft. Populisten hätten Hochkonjunktur, betrieben eine Spaltung der Gesellschaft sogar ganz bewusst. "Klar ist aber, dass Hass und Übergriffe niemals geduldet werden können", betonte Neher. Es müsse deutlich gemacht werden, dass eine vielfältige Gesellschaft ein Gewinn sei, ohne dass dies bedeute, dass alles einfach sein werde.
Sorgen und Ängste
Doch was wird die Caritas tun? Fakten präsentieren, Argumente liefern, Haltung zeigen, den Diskurs führen. Die Delegiertenversammlung beschloss in Köln für 2018-2020 eine bundesweite Initiative "Gesellschaftlicher Zusammenhalt". "Wir wollen Werte- und Gerechtigkeitsfragen thematisieren und uns auch mit Haltungen und emotionalen Stimmungen auseinandersetzen", sagte Neher. Es gehe um eine Stärkung der gesellschaftspolitischen Diskussion und darum, Sorgen und Ängste in der Bevölkerung abzubauen.
Auch die populistischen Parteien müssten möglichst in den politischen Diskurs einbezogen werden, denn sonst "verrät man selbst die Prinzipien der pluralen Demokratie". "Es gibt Sorgen und Ängste in der einheimischen Bevölkerung; darüber kann und muss man sprechen", betonte der Caritas-Chef.
"Jetzt erst recht!"
Der Kölner Diözesan-Caritasdirektor Frank Joh. Hensel verwies auf Mut machende Erfahrungen aus dem Erzbistum Köln. So sei die Zahl der Ehrenamtlichen, die sich in der Flüchtlingshilfe engagierten, in den vergangenen zwölf Monaten nahezu konstant geblieben. Immer noch könne nicht jeder Einsatzwunsch sofort bedient werden. "Jetzt erst recht!", werde oft gesagt. "Die allermeisten machen weiter, weil sie sich mit einigen Menschen, die die Not hierher getrieben hat, vertraut gemacht haben", so Hensel. An die Stelle des Abtastens und Beschnupperns trete stabile Begegnung. Sie sei der Schlüssel für das Gelingen der Integration, sei das Gegenmittel gegen populistische Pöbeleien, gegen das Gift der pauschalen Zuschreibung, der Vereinfachung.
Positive Erfahrungen
Mit der "Aktion Neue Nachbarn" im Erzbistum Köln sei die Flüchtlingshilfe vielerorts fester Bestandteil des Lebens und des Umgangs in den Pfarrgemeinden geworden. "Es gibt ehrenamtliche Initiativen, die sich um die Bereitstellung von Wohnraum kümmern; es gründen sich lokale Patenschaftsprojekte mit dem Ziel, Flüchtlinge auf dem Weg in den Arbeitsmarkt zu begleiten; die Zahl der angebotenen Sprachkurse nimmt zu", unterstrich Hensel.
Mitte Oktober hatten rund 190 Delegierte des Verbandes aus ganz Deutschland in Köln über zentrale sozial- und verbandspolitische Fragen diskutiert. Der Delegiertenversammlung gehören Vertreter der Diözesan- und Orts-Caritasverbände, aus Fachverbänden und Ordensgemeinschaften an.