Demenzkranken vor Ort helfen
NRW-Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter Barbara SteffensChristian Heidrich
Caritas in NRW: Das Thema Demenz wird uns alle zunehmend beschäftigen. Worauf müssen wir uns in unserer Gesellschaft einstellen?
Barbara Steffens: Wir werden unter uns immer mehr Menschen mit Demenz haben, weil die Menschen einfach eine höhere Lebenserwartung haben. Wir müssen uns darauf einstellen, dass - wenn wir die Strukturen nicht verändern und nicht anfangen, Normalität für das Leben von Menschen mit Demenz zu haben - , dass wir dann große Probleme in der Gesellschaft bekommen. Weil wir dann die Bedarfe, die da sind, nicht abdecken können. Es muss gelingen, für demente Menschen ein ihren Bedürfnissen entsprechendes Leben und Älter-Werden zu realisieren.
Caritas in NRW: Was tut die Politik? Was tut die Landesregierung Nordrhein-Westfalen, um in dem Thema etwas voran zu bringen, um auch gesellschaftlich Haltung zu verändern?
Barbara Steffens: Es gibt ganz viele Punkte, wo wir versuchen, etwas zu verändern. Wir haben bereits Prozesse auf den Weg gebracht. Sei es, dass wir versuchen, Strukturen und Behandlungsabläufe im Krankenhaus zu verändern, damit Menschen im Alter und Menschen mit Demenz nicht in Delir-Zustände geraten. Wir müssen die Sensibilität für das Thema beim Krankenhauspersonal erhöhen, aber auch die Abläufe und Prozesse verändern. Das heißt zum Beispiel, soweit es geht keine Vollnarkosen, mehr personenbezogene Pflege, dass einfach der Mensch und das persönliche Ansprechen des Menschen im Fokus stehen. Dadurch lassen sich zukünftige oder mögliche Demenzschübe vermeiden.
NRW-Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter Barbara Steffens bei ihrem Grußwort auf der Fachtagung "Daheim und unterwegs – was Menschen mit Demenz brauchen!" in Krefeld.Markus Lahrmann
Wir versuchen aber auch, gemeinsam mit den Kommunen unsere Stadtteile und unsere Quartiere zu verändern, sodass wir Demenzkranken ein normales Leben im Quartier ermöglichen. Dazu gehört der Abbau von Barrieren, aber auch die gemeinschaftliche Verantwortung im Quartier. Quartiersentwicklung treiben wir gemeinsam nicht nur mit den Kommunen voran, sondern dazu brauchen wir auch Verbände wie die Caritas und Kirchengemeinden. Diese Partner brauchen wir, damit wir vor Ort den Menschen eine Struktur geben, in der sie auch mit Demenz leben können und auch gleichzeitig die Angehörigen Unterstützung finden.
Caritas in NRW: Was raten Sie den Wohlfahrtsverbänden, was empfehlen Sie der Caritas?
Barbara Steffens: Erstmal finde ich es ganz toll, dass die Caritas eine solche Veranstaltung macht und dass dies auch wie angekündigt ein Anfang eines Diskurses ist. Ich glaube, dass es gut und wichtig ist, innerhalb der eigenen Pflege-Einrichtungen die Frage der Haltung zu Demenz intensiv zu diskutieren. Es gilt mehr noch zu überlegen, wie man die stationäre Pflege der Caritas für den Menschen im Stadtteil öffnet. Ich weiß, viele Pflegekräfte und Experten innerhalb der Caritas haben sich auf den Weg gemacht. Deswegen kann ich eigentlich nur raten: machen Sie weiter auf dem Weg und lassen Sie uns zusammen die Gesellschaft verändern, sodass das Leben für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen normal wird in dieser Gesellschaft…
Caritas in NRW: Vielen Dank.
Das Interview führte Markus Lahrmann.